Regionalzeitung aus dem Laufental


Die Natur entfaltet sich auf Ziegeln

Schülerinnen und Schüler arbeiten an Skulpturen

Zwingen und Liesberg beteiligen sich am Skulpturenweg, der von Liestal nach Bubendorf zum Gelände des Eidgenössischen Tumfestes 2002 ftihrt.

Roger Jud

Die Sonne scheint vom wolkenlosen Himmel und wärmt die starre Landschaft etwas auf. Davon merken die Schülerinnen der Oberstufenschule Zwingen nichts. Im Luftschutzkeller schlüpfen sie in die ausgeleierlen Hemden des Vaters, die mit frischen Farbklecksen gespickt sind, und breiten Zeichnungen auf dem grossen Tisch aus. Sofort entfaltet sich die wunderschön bunte Natur. Da sitzt ein Frosch am Teich und schaut dem fallenden Herbstlaub zu. Hier schlängelt sich eine Natter an einem Ast direkt über einem brennenden Tal, das irgendwie dem Bryce Canyon im satten Abendrot ähnelt. Dort blüht eine Sommerwiese und daneben zwitschern sich zwei bunte Vögel ein Frühlingslied zu. Dahinter spannt sich eine märchenhafte «Heidi-Welt» mit schneebedeckten Bergen, lichtem Tannenwald, hälsereckenden Mäusen und hoppelnden Hasen. So vielfältig die Zeichnungen auch sind, so haben sie alle etwas gemeinsam: die Form - schlank tind nach vorne zugespitzt. Schliesslich müssen die Bilder auf die Biberschwanzziegel übertragen werden, die sich in angeschriebenenPlastikboxen stapeln.

Einige der 350 Ziegel liegen weiss grundiert auf den Regalen. Auf anderen tummeln sich bereits phantasievolle Insekten. «Für die Bemalung der Ziegel liessen wir uns durch den Standort inspirieren», erklärt Elsbeth  Stöcklin, Zeichnungslehrerin an der Schule in Zwingen. «Das Los teilte uns nämlich das Feld Nummer 13 zu - ein Wiesenstück.» Als lnitiantin des Projekts  «Skulpurenweg» stellte sie auch gleich die dafür nötigen Ziegel zur Verfügung.

Von Liestal nach Bubendorf

lnsgesamt 86 Skulpturen zum Thema ėBegegnungė sollen den zirka drei Kilometer langen Wanderweg von Liestal nach Bubendoif zum Gelände des Eidgenössischen Turnfestes säumen. Die Skulpturen der Baselbieter Gemeinden sind dann vom 7. Juni bis Mitte August, also über die Ferienzeit, zu bewundern. «So gibt es eine längere Begegnung zwischen Kunst und Natur», schwärmt Elsbeth Stöcklin.

Die Natur durchpausen

Die Haare fallen Stefanie Rüffenach ins Gesicht und die Zunge klebt am Mundwinkel. Ganz in sich versunken skizziert sie Huflattich, blühenden Löwenzahn sowie eine Blaumeise an einem pelzigen Baumstamm auf den Ziegel. Nebenan schruppt Vanessa Zeller erst rnal den zwei Kilogramm schweren Ziegel, schmirgelt den eingetrockneten Schmutz mit Schleifpapier weg. Dann malt sie in sicheren Pinselstrichen eine Graslandschaft samt Fliegenpilz aus der Perspektive eines Frosches auf.

Ratsch! Da hinten zieht ein Mädchen eine Folie ab und klebt sie über die Zeichnung. Jetzt kann sie den Eicheihäher im Geäst einer Kastanie auf ein transparentes Papier durchpausen. Diese Vorlage rubbelt sie später durch ein Kohlenpapier auf den Ziegel. Mucksmäuschenstill und geduckt zeichnet der einzige Junge neben den zehn Mädchen eine mächtige Eiche, die einsam aus der hoch gewachsenen Weide zum Himmel ragt.
Sind sämtliche Ziegel bemalt ist die Skulptur von Zwingen aber noch nicht fertig. «Wir haben jetzt erst einzelne Teile eines PuzzIes», bemerkt Elsbeth Stöcklin. Im Sinne des Themas «Begenung» soll das endgültige Werk der Biberschwanzziegel aus einer in der Sekundarstufe 1 durchgeführien ldeenbörse entstehen. So weiss heute in Zwingen noch niemand, wie die Skulptur letztlich auf dem Feld Nummer 13 aussieht. Ganz im Gegenteil zu Liesberg.
 

Interaktive Skulptur

Schon bald steht auf dem Feld Nummer 17 die Skulptur der Realschule Liesberg, die sich
ėTrockenen Fusses eintauchen ins Jurameerė nennt. Vier Würfel von 25 Zentimeter türmen sich auf einem Sockel zu einer Säule. Davon sind zwei Würfel aus rohen Platten aus Liesberger Kalkstein zusammengefügt und symbolisieren mal in horizontaler, mal in diagonaler Ausrichtung die Ablagerungsschichten der heimischen Steinbrüche.

Der Sockel und der oberste Würfel hingegen belegen die Steinhauerkunst in derGemeinde. «Dabei ist im Würfel eine Vertiefung eingearbeitet, die mit Schroppen aufgefüllt ist», erklärt Lehrer und Gemeindepräsident Christian Steiner, «Gräbt sich der Betrachter durch die losen Steine in die Juraschichten und lagert diese in den Rinnen, so findet er schliesslich auch sehr schöne Fossilien. Den vierten Würfel ziert ein Ammonit, eingebettet in verleimte Kalksteinbrocken. «Hoffentlich sind keine Souvenierjäger unterwegs», bemerkt Steiner schmunzelnd. «Es wäre schade um den Ammonit.» Sämtliche Steinplatten und Steinbrocken sammelten die Schüler in den ortsansässigen Gruben. Sie bearbeiteten den Sockel mit Sockelhammer und Meissel.

Nach dem Fest sollen beide Skulpturen in den Gemeindezentern einen würdigen Platz bekommen.